Berlin – Hauptbahnhof
Eines der wohl bekanntesten Personenverkehrsbahnhöfe und zudem noch ein sehr fotogenes Bauwerk ist der Berliner Hauptbahnhof. Fast jeder Berlinbesucher ist zusammen mit rund 330.000 anderen Tagesreisenden und Besuchern zumindest schon einmal durch ihn hindurch gefahren oder hat den aktuell größten Turmbahnhof Europas anderweitig passiert.
Das markante Gebäude wurde von dem Architekten Meinhard von Gerkan entworfen und wurde am 28. Mai 2006 zusammen mit einer neuen Nord-Süd-Eisenbahntrasse in Betrieb genommen.
Auf dem Areal nördlich des Spreebogens standen bereits von 1868 bis 1951 der Lehrter Bahnhof und von 1882 bis 2002 der Lehrter Stadtbahnhof.
Das Hauptmotiv
Der Hauptbahnhof als Hauptmotiv bietet sich auch nach vielen Jahren der Fertigstellung noch immer als sehr markantes Hauptmotiv in der näheren Umgebung an, da die umliegenden Gebäude ihm noch nicht die Show stehlen. Es ist allerdings nur eine Frage der Zeit bis die ersten hohen Gebäude näher am Bahnhof hochgezogen werden.
Seine günstige Lage am Wasser ist natürlich ideal um ihn aus verschiedenen Blickwinkeln heraus optimal zu präsentieren.
Fans pastelliger Farbtöne werden den Bahnhof besonders morgens kurz vor und während eines klaren Sonnenaufgangs lieben lernen, da die Sonne im Sommer wie im Winter an den meisten Standpunkten eher im Rücken oder sehr schräg seitlich aufgeht und die Szene von hinten mit schönsten Pastelltönen ausleuchten kann. Mit etwas Glück erwischt der motivierte Fotograf in den Morgenstunden sogar noch eine kristallklare Spiegelung auf der Spree.
Unter dem Gustav-Heinemann-Steg findet sich ein besonders schöner Fotospot, um die Fußgängerbrücke als perfekte Führungslinie zum Hauptbahnhof zu nutzen. Der neue Cube auf der linken Seite bildet im Querformat außerdem ein perfektes Gleichgewicht zur Brücke, die sich von der rechten Bildseite in das Foto zieht. Selbst per spiegelglatter Wasseroberfläche eignet sich ein schwacher Graufilter wie der ND 1,8 mit einer sechsfachen Verlängerung der Belichtungszeit auf mindestens 20,0 s (gern auch länger, je nach Wettersituation) um auch die letzten Wasserstrukturen oder vorbeischwimmende Enten aus dem Bildausschnitt zu filtern. Aufgrund der sich im Rücken befindenden Morgensonne ist ein Grauverlaufsfilter nicht unbedingt notwendig. Mit etwas Glück sind einzelne Straßenbeleuchtungen noch nicht ausgeschaltet worden. Sie bringen etwas mehr Leben und Spannung in die Umgebung des Bahnhofs.

Fotogene Bildkomposition am Morgen kurz vor Sonnenaufgang. Aufgrund der aufgehenden Sonne, die sich ganzjährig im Rücken befindet, zeigen sich von dieser Perspektive aus gesehen, besonders oft die schönen Pastelltöne.
Der Hauptbahnhof samt Steg lässt sich auch auf der linken Bildhälfte perfekt positionieren. Eine neblige Stimmung bringt zusätzlich eine einzigartige Atmosphäre in das Foto und erzeugt eine plastische Bildtiefe. Auch hier ist die Präsentation im 16:9-Format aufgrund der langen Horizontallinie des Spreeufers die beste Wahl. Eine einigermaßen klare Spiegelung erhöht die Bildwirkung zusätzlich um ein Vielfaches.

Der Hauptbahnhof auf der linken Bildhälfte. Aufgenommen direkt unter dem Gustav-Heinemann-Steg.
Am Tage, besonders bei geschlossener Wolkendecke aufgrund des gleichmäßigeren Lichts, eignet sich ein niedriger Blickwinkel am Ufer der Einfahrt zum Humboldthafen, rechts neben der Hugo-Preuß-Brücke. Ein paar Stufen führen hinunter bis an die Wasserkante. Eine Perspektive so weit links wie möglich, fast schon unter der Hugo-Preuß-Brücke, verleiht dem Bauwerk zudem eine wirkungsvolle Tiefe um etwas mehr Plastizität in das Foto zu bringen. Am Tage fahren leider zahlreiche Ausflugsdampfer durch den Bildausschnitt, sodass eine lange Belichtungszeit von 4,0 s – 6,0 s, die mit Hilfe von starken Graufiltern wie dem ND 4,5 erreicht werden kann, durchaus zu empfehlen ist. Je länger die Belichtungszeit, desto weniger Bootsspuren und Strukturen befinden sich vor dem Bahnhof und im Wasser.

Blick von der Einfahrt zum Humboldthafen an der Hugo-Preuß-Brücke.
Auf der anderen Seite der breiten Bahntrassen, direkt am Ufer des Humboldthafens vor der Einfahrt in den schmalen Hohenzollernkanal lässt sich ebenfalls eine spannende Perspektive auf die andere Seite des Hauptbahnhofs finden. Eine wirkungsvolle Bildkomposition von diesem Blickwinkel aus lässt sich perfekt im Quadrat sowie im 16-9-Format und selbst im 3:1-Panoramaformat aufbauen, da die langen Bahntrassen eine spannende Führungslinie zum Bahnhof hin zur rechten Seite des Ausschnitts bilden.

Direkt am Ufer des Humboldthafens lassen sich ebenfalls plastische Perspektiven finden, die sich besonders für Aufnahmen am Tage, und bei geeigneten Wetterkonditionen auch abends, eignen. Mit etwas Geduld sind auch dort klare Spiegelungen des Hauptmotivs möglich.
Ein Graufilter erzeugt nicht zwangsläufig extrem lange Belichtungszeiten. Mit einem schwachen Graufilter, wie dem ND 1,8, lassen sich die Spuren größere Verkehrsteilnehmer wie Bussen oder LKWs darstellen, die einer besonderen Effekt erzeugen und ein Foto sehr einzigartig wirken lassen können. Auf der Hugo-Preuß-Brücke lassen sich die bunten Sightseeing-Busse der zahlreichen Anbieter perfekt für diese Ziehspuren nutzen. Eine Belichtungszeit zwischen 1,6 s und 2,0 s reicht i.d.R. aus um einen großen Bus darzustellen der gleichzeitig schon fast durchsichtig wirkt. Hier besteht die Kunst darin, die richtige Belichtungszeit zu wählen. Ist die Zeit zu lang, verschwindet der Bus. Ist sie jedoch zu kurz, friert der Bus ein und der gewünschte Zieheffekt stellt sich nicht ein.

Durch eine Belichtungszeit zwischen 1,6 s und 2,0 s lassen sich mit gutem Timing solche dynamischen Ziehspuren erzeugen. Je größer und heller das Fahrzeug desto sichtbarer der Effekt.
Kündigt sich ein vielversprechender Sonnenuntergang Dank größerer Wolkenlücken an, lässt sich die Umgebung des Bahnhofs sehr spannend inszenieren. Ein perfektes Motiv, das dem Hauptbahnhof hilft spannend in Szene gesetzt zu werden ist junger Baum im sogenannten Spreebogenpark, den man beim Überqueren der Spree über den Gustav-Heinemann-Steg auf dem Weg ins Berliner Regierungsviertel durchquert. Besonders am späten Nachmittag, ca. zwei Stunden vor Sonnenuntergang, werden die Schatten des Baumes immer länger. Die untergehende Sonne lässt sich mit ein paar Schritten nach rechts oder links problemlos hinter dem Baum verstecken.
Ein weicher Grauverlaufsfilter, wie hier der GND 0,9 soft, dunkelt den oberen Bereich bis knapp über der Gebäudekante soweit ab, dass der Himmel nicht zu stark überstrahlt. Geübte Fotografen, die schon häufiger Erfahrungen mit Graufiltern gesammelt haben, können ebenfalls längere Belichtungszeiten von mehreren Minuten ansteuern um einen dynamischen Zieheffekt der Wolken zu erzeugen. Auch hier eignet sich das 16:9-Format wunderbar um die komplette Umgebung einzubinden und ein harmonisches Bildgleichgewicht zu erzeugen.

Der Berliner Hauptbahnhof fotografiert vom Spreebogenpark aus.
Neigt sich der Tag dem Ende zu, lohnt sich der Weg zurück zum Humboldthafen. Im Sommer geht die Sonne rechts des Bahnhofsgebäudes unter, sodass das 16:9-Format hier die beste Wahl für ein atmosphärisches Farbenspiel bietet. Je nach Wetter- und Lichtsituation lassen sich hier wunderschöne Sonnenuntergänge festhalten.

Sonnenuntergang rechts am Hauptbahnhof.
Mit etwas Geduld und Glück lässt in diesem Bereich der Wind während des Abends etwas nach, sodass sich auch hier überdurchschnittlich oft sehr fotogene Gebäudespiegelungen aufnehmen lassen. Mit Hilfe eines schwachen Graufilters, wie dem ND 1,8, lässt sich die Spiegelung noch etwas intensivieren, da auch die letzten Strukturen aus dem Wasser gefiltert werden. Für beide Aufnahmen ist außerdem ein weicher Grauverlaufsfilter (GND 0,9 oder 1,2 soft) sehr sinnvoll um den Himmel und den Bereich der untergehenden Sonne abzudunkeln.

Kurz nach Sonnenuntergang am Humboldthafen.
Oftmals lohnt es sich hier noch zu warten bis sich die blaue Stunde einstellt. Die zahlreichen kleinen, gelben Lampen und Laternen erzeugen im Kontrast zum blauen Himmel eine wunderschöne Atmosphäre.
Die einfahrenden Züge und S-Bahnen erzeugen dynamische Lichtspuren, die die Rolle der Führungslinie übernehmen. Meist reicht eine Belichtungszeit zwischen 15,0 s und 30,0 s für eine durchgehende Lichtspur vom Bildrand bis hinein in den Bahnhof aus.

Der Berliner Hauptbahnhof während der Blauen Stunde eignet sich hervorragend für das Fotografieren der Lichtspuren, die von den ein- und ausfahrenden Zügen und S-Bahnen erzeugt werden.
Ein weiterer, sehr fotogener Blickwinkel lässt sich am Rande des Regierungsviertels unter der Kronprinzenbrücke finden. Die eigenwilligen Stützpfeiler dieser modernen Metallbrücke lassen sich perfekt als Motiv und Wegweiser zum Hauptbahnhof nutzen, wobei dem Bahnhofsgebäude in diesem Fall eine eher untergeordnete Rolle zufällt. Die beleuchteten Gebäude und Straßen, sowie der dynamische Spreebogen erzeugen eine sehr spannende Bildtiefe.

Der Hauptbahnhof als Nebenmotiv, fotografier unter der Kronprinzenbrücke. Der Spreebogen erzeugt hier eine sehr wirkungsvolle Dynamik und Bildtiefe. Eine Belichtungszeit von 1,0 s bis 2,0 s lässt störende Strukturen im Wasser verschwinden.
Das letzten Abendrot lässt sich am besten vom Spreebogenpark, oberhalb des Ludwig-Erhard-Ufers, aufnehmen. Von dort ergibt sich ein perfekter Blick auf die Spree und die meist gut besuchte Strandbar, deren Gäste von dort aus entspannt in den Abend gleiten.
Nähert sich einer der zahlreichen Ausflugsdampfer, die i.d.R. die Beleuchtung bei Sonnenuntergang einschalten, lassen sich von dort lange Lichtspuren erzeugen. Je nach Geschwindigkeit des Dampfers reichen Belichtungszeiten zwischen 20,0 s und 30,0 s aus um eine durchgehende Lichtspur zu erzeugen.
Auch hier ist ein weicher Grauverlaufsfilter zwischen GND 0,6 und GND 0,9 notwendig um die Farben des Himmels zu erhalten.

Oberhalb des Ludwig-Erhard-Ufers, von einer Anhöhe des Spreebogenparks aus, lässt sich das letzte Abendrot besonders schön fotografieren.
Auch in rabenschwarzer Nacht lässt sich der Turmbahnhof wunderschön portraitieren. Zurück am Spreeufer unter oder neben dem Gustav-Heinemann-Steg kommt der Bahnhof aufgrund der zahlreichen Beleuchtungen auch lange nach Sonnenuntergang wunderbar zur Geltung.

Der Kreis schließt sich. Besonders gute Fotospots lassen sich auch nachts unterhalb oder neben dem Gustav-Heinemann-Steg finden. Neblige Winternächte sorgen auch hier für eine einzigartige Atmosphäre.
Text: Ronny Behnert
Fotos: (c) Ronny Behnert
Mehr über die Arbeit von Ronny erfahrt Ihr auf seiner Webseite https://www.bewegungsunschaerfe.de/de/ oder seinem Instagram Kanal https://www.instagram.com/haggardphotography